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NEWS 27/22
Unterschätzte Mangelware
„Seit 2004 bin ich bei der Baufirma Jäger in Traisen be- Im Bau sind ähnliche Fähigkeiten – gepaart mit Fach-
schäftigt. Am Anfang war ich als Technikerin tätig und wissen – erforderlich. Das beginnt damit, Baustoffe
durfte nach einiger Zeit Baustellen selbstständig leiten. rechtzeitig liefern zu lassen, Verträge auf Herz und Nie-
Als Frau wurde ich anfangs oft von unseren eingeses- ren zu prüfen und Probleme schnellstmöglich zu lösen.
senen Polieren belächelt und nicht ernst genommen. Das Ziel ist es, eine Baustelle bestmöglich abzuwickeln,
Durch meine Hartnäckigkeit und Ausdauer konnte ich ebenso das Kind bestmöglich auf sein Leben vorzu-
viel Erfahrung sammeln und mich in dieser Branche bereiten oder den Haushalt nach Regeln der Technik
behaupten. (Zeitmanagement) zu führen.“
Derzeit leite ich die Zweigstelle Traisen und bin glücklich,
so ein tolles Team zu haben. Ebenso freue ich mich über Ing. Michaela Hinterwallner, Bauleiterin bei Jäger
eine große Anzahl an Stammkunden, die mein Fachwis-
sen und die Arbeit meiner Kollegen besonders schätzen.
Die Baubranche war in den letzten Jahrzehnten einigen
Änderungen unterworfen. Statt auf kistenweisen Bier-
verbrauch setzt man heutzutage auf Sicherheit und
Qualität. Heute sind Zeitmanagement, Organisation und
Genauigkeit gefragt und in diesen Gebieten sind viele
Frauen hervorragend.
Wir Frauen sind es gewohnt, das Private und Berufliche
unter einen Hut zu bekommen – ob die Hausübung der
Volksschulkinder, die Snacks für die gesunde Jause,
Nachmittagstermine der gewählten Kinderhobbys, Groß-
mutters Geburtstagsgeschenk oder den Haushalt führen.
Frage & Antwort
mit Barbara Gabriel-Tomaselli
Bei Tomaselli Gabriel Bau seit 1996
Wo sind Frauen ihren männlichen Kollegen überlegen? Können Frauen helfen, den bestehenden Fachkräftemangel
Wo hinken sie hinterher? Und warum hast du dich für diese
Branche entschieden? zu füllen?
Auf der Baustelle langfristig nicht, im Bürobereich (Bauleitung,
Ich komme aus einem Familienbetrieb und kenne eigentlich Bautechnik usw.) sehr wohl. Das setzen wir auch schon um.
nichts anderes. Für mich war immer klar, ich möchte ein Teil Die Tatsache, dass die Digitalisierung im Baubereich schon an-
dieser Familie sein. gekommen ist, ermöglicht Frauen zusätzlich, in diesem Bereich
Fuß zu fassen.
Ich finde es nicht richtig, zu sagen, dass entweder Männer Frauen
oder Frauen Männern überlegen sind. Ich kann nur sagen, dass
Mitarbeiter:innen, die ihre Arbeit gerne machen, immer jemand
anderem überlegen sind.
Welche Maßnahmen sind deiner Meinung nach nötig, um mehr
Frauen für das Bauwesen zu begeistern?
Die Männerwelt sollte sich öffnen und sehen, dass es manchmal
egal ist, ob die Arbeit von einem Mann oder einer Frau erledigt
wird. Medienkampagnen wie „Frauen in die Technik“ zeigen
bereits ihre Wirkung. Auch die gesellschaftliche Entwicklung,
dass Frauen selber entscheiden können, welchen beruflichen
Weg sie einschlagen möchten, trägt Früchte und ist für das
Handwerk eine Bereicherung.
IM FOKUS 11